Gstadt – Ybbsitz
Die Geschichte der Zweigstrecke nach Ybbsitz ist untrennbar mit jener der „Hauptstrecke“ nach Kienberg-Gaming verbunden. Um 1889 konkurierten die Gemeinden Waidhofen und Weyer darum, welche wohl der bessere Ausgangspunkt für die Ybbstalbahn sei. Für die Strecke nach Ybbsitz ist hierbei interessant, dass im „Boten von der Ybbs“ bereits zu dieser Zeit darauf hingewiesen wurde, dass eine Bahnverbindung nach Ybbsitz höchst vorteilhaft für den „industriellen Ort“ sei. In dem Artikel war gar die Sprache von einer Verlängerung bis nach Ramingbach. Bis aber Züge über die sechs Kilometer lange Schmalspurbahn von Gstadt nach Ybbsitz fahren sollten, vergingen noch zehn Jahre. 1894 erhielt erst einmal die Localbahn von Waidhofen an der Ybbs nach Kienberg-Gaming die Konzessionsurkunde, nicht einmal zwei Jahre später rollten bereits die ersten Züge bis nach Großhollenstein, weitere zwei Jahre später war Lunz am See angebunden und noch einmal sechs Monate später fuhren die Züge bis Kienberg-Gaming. Im April 1896, also kurz vor der Eröffnung des zweiten Abschnitts der Ybbstalbahn, erteilte das k.k. Eisenbahnministerium der Ybbstalbahn die Bewilligung zu technischen Vorarbeiten für die Localbahn von Gstadt nach Ybbsitz. Die projektierte Strecke sollte nicht dem Tal der Ybbs folgen, sondern kurz hinter Gstadt der Kleinen Ybbs in Richtung Osten folgen. Die Strecke verlief weitgehend flach, allerdings waren einige Kunstbauten notwendig. Am 21. Juli 1896 veröffentlichte die Wiener Zeitung das Gesetz zur Sicherstellung von Bahnen niederer Ordnung, in dem auch die Strecke nach Ybbsitz Erwähnung fand. Im darauffolgenden Frühjahr befasste sich die Generalversammlung der Ybbstalbahn mit der Zweigstrecke. Der Verwaltungsrat empfahl den Erwerb der Konzession für die Zweigstrecke nach Ybbsitz und den anschließenden Bau der Strecke. Der Antrag wurde von der Generalversammlung ohne weitere Diskussion angenommen. Somit war der frei für die Zweigstrecke nach Ybbsitz.
Ein weiteres Jahr später, im Mai 1898 veröffentlichte die Wiener Zeitung die Konzessionsurkunde. Sie sagte aus, dass unverzüglich mit dem Bau der Strecke begonnen werden müsse und die Fertigstellung spätestens nach 18 Monaten zu erfolgen habe. Über Bau und Fertigstellung gibt es keine bekannten Aufzeichnungen, nur soviel ist bekannt: am 11. März 1899 veröffentlichte der „Bote“, dass die Zweigstrecke am 09. März dem Verkehr übergeben wurde. Ybbsitz war an das Eisenbahnnetz angeschlossen.
Die Strecke nach Ybbsitz ist zum einen wesentlich kürzer als die Hauptstrecke nach Kienberg-Gaming und auch nicht so spektakulär. Zweig- und Hauptstrecke führen praktisch zweigleisig aus dem Bahnhof Gstadt heraus, trennen sich jedoch unmittelbar hinter den Einfahrsignalen. Während die Strecke nach Großhollenstein in Richtung Süden abzweigt, führt die Zweigstrecke nach Osten. Sie überquert die Ybbs auf einer Stahlbrücke und zweigt in das Tal der Kleinen Ybbs ab. Unmittelbar hinter der Brücke wird schon die erste Haltestelle „Schütt“ erreicht. Die Schmalspurbahn verläuft weiter an einem Waldrand entlang um danach zuerst die B22 und danach gleich die Kleine Ybbs zu überqueren. Viermal kreuzt die Schmalspurbahn bis Ybbsitz die Landesstraße, zweimal die Kleine Ybbs. Als nächstes wird die Haltestelle Steinmühl erreicht, die neben Bahnsteig und Wetterschutz auch über ein Anschlussgleis mit Laderampe verfügt. Es folgt der längste Abschnitt ohne Halt, knapp zwei Kilometer müssen zurückgelegt werden, bis die Haltestelle Ederlehen erreicht ist. Kurz nach dem Bahnsteig kreuzt unsere Bahn erneut die Landesstraße und verläuft nun auf der südlichen Seite der Straße. Wenige hundert Meter später folgt eine Engstelle, an der Landesstraße, Schmalspurbahn und Kleine Ybbs unmittelbar nebeneinander liegen. Die Kleine Ybbs macht zwar anschließend einen kleinen Bogen, die Schmalspurbahn hingegen bleibt nun immer in Straßennähe. Es folgt die Haltestelle Gurhof, die wieder nördlich der Straße liegt, so dass der kuriose Umstand eintritt, dass die Bahn zweimal hintereinander die Straße queren muss, nur um die Haltestelle erreichen zu können. Die letzten 900 Meter bis zur Endhaltestelle sind flach. Nur noch einmal wird die Kleine Ybbs überquert, dann ist der Bahnhof Ybbsitz erreicht.
Quellen:
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- Ybbstalbahn in der deutschsprachigen Wikipedia
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- „Die Ybbstalbahn“ von Friedrich Richter. Einige Erwähnungen der Zweigstrecke nach Ybbsitz (pdf)
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- Historische Fotos aus Ybbsitz und von der Strecke findet ihr auf meine.bahnen.at
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- Ein paar schöne Fotos aus den letzten Tagen der Strecke mit 5090 findet ihr auf rail66.at
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- Artikel über den Rückbau zwischen Ederlehen und Gurhof auf meinbezirk.at
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- Ein paar recht aktuelle Fotos aus Ybbsitz (April 2017)
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- 2013 war der Blogger Monsieur Peter auf der Zweigstrecke der Ybbstalbahn unterwegs.
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- 760net.heimat.eu zeigt ein paar Bilder, auch mit Dampf, von der Zweigstrecke
- Und auch auf alpenbahnen.net möchte ich wieder hinweisen. Dort findet ihr eine kleine Galerie zur Zweigstrecke.
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