Langenbach – Enzelhausen
Nachdem hier bereits der heutige Zustand der Strecke Wolnzach Bf – Mainburg behandelt wurde, folgt hier nun die Betrachtung der südlichen Anbindung der Hallertau; der Lokalbahn Langenbach Enzelhausen.
Die Hallertau ist bekannt als das größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet der Welt und liegt geografisch zwischen Ingolstadt, Freising, Landshut und Kehlheim. Der Markt Mainburg stellt etwa die geografische Mitte dieses Landstriches dar. Da das Gebiet größtenteils landwirtschaftlich geprägt ist, verliefen die ersten Eisenbahnlinien nur am Rand der Hallertau. Als erste Linie berührte die von der „Königlich privilegirten Actiengesellschaft der bayerischen Ostbahnen“ errichtete Hauptbahn München – Landshut (-Schwandorf) das zu betrachtende Gebiet an seiner südlichen Grenze. Neun Jahre später konnte man mit der „Königlich bayerischen Staatsbahn“ von München nach Ingolstadt fahren und berührte so die Hallertau an der westlichen Grenze. Sieben Jahre später wurde die kürzere Strecke von Neufahrn über Obertraubling nach Regensburg eröffnet und ein weiteres Jahr später folgte mit der Hauptbahn Ingolstadt – Regensburg auch die nördliche Begrenzung der Hallertau. Für das Gebiet zwischen den Hauptbahnen war dies freilich ernüchternd. Das eine weitere Hauptbahn errichtet werden würde, war sehr unwahrscheinlich. Trotzdem richteten einige Gemeinden eine Bitte an den bayerischen Landtag, zur Errichtung einer Strecke von Landshut über Rottenburg und Mainburg und weiter über Geisenfeld nach Ingolstadt sowie einer Strecke von Freising nach Abensberg.
Wie so oft kam es zwischen den Gemeinden zu Streitigkeiten über die Streckenführung und es war fast unmöglich sich auf einen Kompromiss zu einigen. Der Profiteur dieses Umstandes war Mainburg. Denn einstweilen sollte zumindest einmal Mainburg an das Schienennetz angeschlossen werden. So kam es dann auch und ab Dezember 1895 war Mainburg an die große weite Welt der Eisenbahn angebunden.
Aus heutiger Sicht würde man wahrscheinlich davon reden, dass nun der „Druck erstmal raus war“, denn es dauerte einige Jahre, bis sich die südlich gelegenen Gemeinden zusammentaten und ihrerseits eine Anbindung an das bayerische Schienennetz forderten. Besonders die Gemeinden Nandlstadt, Reichertshausen, Attenkirchen und Zolling wollten einen Bahnanschluss haben. Was die Streckenführung anbelangte wiederholte sich das Spiel, welches bereits vor der Jahrhundertwende gespielt wurde: Man war sich einig darin, dass man sich nicht einig war. Die Freisinger favorisierten eine Bahnstrecke die unter Berührung von Nandlstadt direkt nach Au führen sollte, während Moosburg sich dafür einsetzte, dass in ihrer Gemeinde der Abzweig errichtet werden sollte. Die Folge der Auseinandersetzung war, dass wieder keiner der Kontrahenten seine Variante zu 100% durchsetzen konnte. Auf den ersten Kilometern ab Freising sollte die neu zu errichtende Bahnlinie nämlich die Hauptstrecke München – Landshut mit benutzen und im kleinen Bahnhof Langenbach in Richtung Norden abzweigen. Der Grund hierfür war die Ersparnis von einigen Kilometern Bahntrasse und die Umfahrung der Wasserscheide zwischen Isar und Amper.
1907 begann der Bau der Strecke. Die Entfernung zwischen Langenbach und Enzelhausen betrug Luftlinie 18,5 Kilometer, die Eisenbahn benötigte jedoch gut 10 Kilometer mehr. Insgesamt drei Wasserscheiden waren zu überwinden und im Bereich um Au galt es einen Talkessel aufwändig zu umfahren. Das größte Kunstbauwerk war die Amperbrücke bei Haag, die heute noch regelmäßig von den Kohlezügen befahren wird.
Die nötigen Erdarbeiten an der Strecke waren teils erheblich und die engen Kurvenradien von 200m Halbmesser sowie steigungen bis zu 25 Promille zeigen, dass der Bahnbau hier schwieriger war als man zunächst vermuten würde. Die Ausstattung der Bahnanlagen war hingegen recht einfach. Die gesamte Strecke wurde mit sogenannten Agenten besetzt. Für den geringen Güterverkehr reichten kurze Ladegleise in den Stationen. Die staken Steigungen waren auch verantwortlich dafür, dass die zunächst eingesetzten PtL 2/2 alsbald sowohl auf der Langenbacher als auch auf der Mainburger Lokalbahn durch die stärkeren D XI ersetzt wurden.
Zu Beginn des 2. Weltkrieges wurden die Bahnanlagen ertüchtigt und der Oberbau verstärkt. Gleichzeitig fehlte es aber an den einfachsten Einrichtungen. So waren im Winter 1940/41 keine Schneezäune vorhanden und der Betrieb war dadurch fast zum Erliegen gekommen. Gegen Ende des Krieges kam es wie fast überall zu sinnlosen Sprengungen von Brücken und Bahnanlagen, wodurch die Wehrmacht den Vormarsch der Alliierten aufhalten wollte. So kam es im April 1945 zur Sprengung der Amperbrücke bei Haag.
Ab Anfang der 1950er Jahre wurde der Personenverkehr auf die soeben neu beschafften Schienenbusse umgestellt. Gegenüber den alten Wagen, die teils noch aus königlich bayerischen Zeiten stammten war das ein erheblich Fortschritt! Unpraktisch war hingegen, dass beim VT 95, dem Schienenbus der ersten Generation, der Beiwagen wirklich ein Beiwagen und kein Steuerwagen war. So musste der neue rote Triebwagen in Enzelhausen immer umfahren, wenn die Relation Langenbach – Mainburg bedient wurde. Der rückläufige Trend im Personenverkehr konnte aber auch von den neuen Triebwagen nicht aufgehalten werden, so dass es schon in den 1960er Jahren zu ersten Einschränkungen kam. So wurde der weit vom Ort entfernte Haltepunkt Reichertshausen nicht mehr bedient. Ein Quartal nach der Einstellung des Personenverkehrs zwischen Wolnzach und Mainburg fuhr auch zwischen Enzelhausen und Zolling der letzte Personenzug. Nicht einmal 60 Jahre dauerte hier der Personenverkehr an (und während ich diese Zeilen schreibe liegt die Einstellung auch bereits 45 Jahre zurück). Bereits ein Jahr später stellte die Bundesbahn den Gesamtverkehr zwischen Au und Unterzolling ein und nahm damit das erste Teilstück in der Hallertau wieder ausser Betrieb. Weitere drei Jahre später wurde auch der verbleibende Personenverkehr zwischen Langenbach und Unterzolling auf Busse umgestellt. Aber es gab auch positive Dinge zu berichten: Das 1958 in Betrieb gegangene Kraftwerk Unterzolling benötigte regelmäßig Kohle zur Stromerzeugung. Dieses Kraftwerk sichert den Betrieb des Teilstückes Langenbach – Anglberg bis heute.
Nach dem Abbau des mittleren Abschnittes zwischen Au und ca. Flitzing waren Anfang der 1980er Jahre also noch die Teilstücke Enzelhausen – Au und Langenbach – Unterzolling in Betrieb. Beide Abschnitte waren in schlechtem Zustand und die Bundesbahn dachte auch hier bereits laut über Stilllegung nach. Die Gemeinden setzten sich nun jedoch für den kläglichen Rest der Eisenbahninfrastruktur ein und erreichten eine Sanierung der Gleisanlagen sowohl im nördlichen als auch im südlichen Abschnitt. Bereits 10 (Au – Enzelhausen) bzw. 13 Jahre (Anglberg – Unterzolling) später war die Zeit dann jedoch endgültig abgelaufen. Die DB AG als Nachfolgeorganisation der Deutschen Bundesbahn stellte den Gesamtverkehr ein und baute die Gleisanlagen einige Jahre später ab. Verblieben ist nur noch der Anschluss zum Kraftwerk Zolling, der jedoch wohl auf Jahre hinaus als gesichert gelten kann.
Mit der Hallertau hingegen verhält es sich heute so wie 1874: Sie ist eisenbahntechnisch unerschlossen und wird nur an ihren Grenzen von Hauptbahnen berührt.
Quellen:
- Siegfried Bufe: Nebenbahnen zwischen Arber und Hallertau, Egglham 1999, ISBN 3-922138-69-1
- Josef Schmalzl: Die Chronik der Hallertauer Lokalbahnen, erschienen 1985, ohne ISBN
- www.bockerl.de (hier ist übrigens auch die o.g. Chronik von Josef Schmalzl veröffentlicht. Danke dafür!)
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